Gesamtzahl erhöht sich auf 12
In einem weiteren Schritt zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns hat das BMBF-geförderte BioRescue-Konsortium von internationalen Organisationen aus Wissenschaft und Artenschutz drei weitere Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns erzeugt. Im Juli 2021 entnahmen die Spezialisten des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) dafür Eizellen vom Nashornweibchen Fatu im Reservat „Ol Pejeta“ in Kenia, die anschließend im Labor in Italien befruchtet wurden. Diesmal konnte BioRescue erstmalig das Sperma eines anderen Bullen verwenden, wodurch die genetische Vielfalt der kryokonservierten Embryonen maßgeblich gesteigert wird.
Am 9. Juli 2021 führte das Team aus Wissenschaftler*innen und Artenschützer*innen von Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), Safaripark Dvůr Králové, Kenya Wildlife Service und Ol Pejeta Conservancy die sechste erfolgreiche Eizellentnahme an Nördlichen Breitmaulnashörnern in Ol Pejeta (Kenia) durch. Unmittelbar nach der Entnahme wurden die 17 gewonnenen Eizellen zur Reifung, Befruchtung, Embryoentwicklung und Kryokonservierung in das Avantea-Labor in Cremona, Italien, geflogen. Seit Beginn des Programms hat das BioRescue Team insgesamt 80 Eizellen mit dem patentierten Verfahren bei dem seltensten Säugetier der Welt gewonnen. Im Juli entstanden drei Embryonen auf diesem Wege: Zwei der neuen Embryonen wurden mit dem Sperma des Nördlichen Breitmaulnashornbullen Suni erzeugt, der für alle bisherigen Embryonen die „Vaterrolle“ übernahm. Für einendritten Embryo konnten die Spezialist*innen von Avantea auch das Sperma von Angalifu verwenden, einem nördlichen Breitmaulnashornbullen, der in San Diego Zoo
Safaripark mehr als ein Vierteljahrhundert lebte und 2014 starb. Sein Sperma sicherten sich BioRescue-Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt und sein Team bereits 2001 und 2005. Bislang nahmen die Spezialist*innen in IZW und Avantea an, dass Angalifus Sperma nicht in der Lage sei, Eizellen erfolgreich zu befruchten. Jüngst führten sie jedoch Testreihen mit dem Sperma an Eizellen von Schweinen durch, wobei sie lebensfähige Spermien identifizierten. Diese ermöglichten es ihnen, einen weiteren Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo von hoher Qualität zu erzeugen. Mit diesem ausgezeichneten Ergebnis wurde das Erbgut eines nicht verwandten Tieres in die kryokonservierte „Embryonen-Population“ mitaufgenommen.
In einer eigens dafür anberaumten Diskussion vor der Eizellenentnahme am 9. Juli beschloss das Team, bei Nájin, dem älteren der beiden Nördlichen Breitmaulnashörner, keine Eizellentnahme durchzuführen. Ihre künftige Rolle im BioRescue-Programm wird in den kommenden Wochen unter ethischen Gesichtspunkten erörtert und systematisch analysiert. Darauf aufbauend wird das Konsortium eine wissenschaftlich fundierte Entscheidung bekannt geben. Bislang war keine von Nájins Eizellen von ausreichender Qualität, um lebensfähige Embryonen zu erzeugen - für alle 12 bisher erzeugten Embryonen wurden Eizellen von Nájins Tochter Fatu verwendet. Da der Abzug eines von nur noch zwei verbliebenen Individuen aus Sicht des Artenschutzes eine signifikante Einschränkung darstellt, wird diese Entscheidung nach einer gründlichen, wissenschaftlichen Bewertung durch alle Partner und unter Berücksichtigung aller relevanten ethischen Gesichtspunkte getroffen.
In Ol Pejeta ist die Vorbereitung des Embryotransfers in eine entscheidende Phase getreten. Zwei südliche Breitmaulnashornweibchen wurden in das Gehege mit Owuan, dem sterilisierten südlichen Breitmaulnashornbullen, gebracht. Owuan wird mit seinem Deckungsverhalten den Fortpflanzungszyklus der Weibchen anzeigen. DasTeam vor überwacht sorgfältig das Wohlergehen aller Tiere und beginnt in diesen Tagen damit, deren Verhalten und Kommunikation zu beobachten und aufzuzeichnen, um die ersten Embryotransfers vorzubereiten, die voraussichtlich Ende des Jahres beginnen werden.
Das BioRescue-Forschungsprogramm wird maßgeblich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und weiteren Geldgebern wie der Stiftung Nadace ČEZ, dem Philanthropen Dr. Richard McLellan, der Merck EMD Stiftung und GE HeathCare unterstützt. Die internationalen Spezialist*innen werden ihren ehrgeizigen Plan fortsetzen, in einem drei- bis viermonatigen Zyklus weitere Embryonen aus Eizellen zu erzeugen, die den nördlichen Breitmaulnashornweibchen entnommen wurden, solange es die COVID-19-Pandemie dem Team erlaubt, nach Kenia zu reisen. Nachdem die Umsiedlung der Leihmütter abgeschlossen ist, ist ein erfolgreicher Embryotransfer der nächste wichtige Schritt, den das BioRescue-Team anstrebt.
Fotos: Rio the Photographer