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Hightech für den Artenschutz – BMBF-Forschungsprojekt BioRescue als Überlebenschance für Nördliche Breitmaulnashörner

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Heute startet offiziell das Forschungsprojekt BioRescue zur Rettung des akut vom Aussterben bedrohten Nördlichen Breitmaulnashorns. Mit Hilfe modernster Reproduktions- und Stammzelltechnologie soll der Fortbestand dieser Schlüsselart gesichert werden. Das internationale Wissenschaftskonsortium unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und mit maßgeblicher Beteiligung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) wird dafür mit rund 4 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Teil der BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt gefördert. Mit dem erfolgreichen Transfer eines Embryos in die Gebärmutter eines Südlichen Breitmaulnashorns hat das Forscherteam Ende Mai 2019 bereits einen wichtigen Meilenstein erreicht. Die ethischen und gesellschaftlichen Fragen, die sich aus BioRescue ergeben, werden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem Begleitforschungsprojekt adressiert.

Najin und Fatu, die letzten Individuen ihrer Art, im Ol Pejeta Conservancy in Kenia. | Foto von Jan Stejskal

Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, sagte zum Start des Projektes: „Die Artenvielfalt ist unsere Lebensgrundlage. Deshalb hat das BMBF die Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt ins Leben gerufen. Wir fördern darin schwerpunktmäßig Vorsorgeforschung, um die biologische Vielfalt zu bewahren. Parallel dazu ermöglichen wir auch Sofortmaßnahmen zum Schutz bedrohter Arten wie das ambitionierte Projekt BioRescue. Durch die eindrucksvolle Kombination verschiedener Forschungsansätze und das hohe Engagement der Beteiligten besteht die Chance und Hoffnung, das Nördliche Breitmaulnashorn und andere hochgefährdete Arten zu erhalten.“

 „Das Forschungsprojekt BioRescue kann eine wichtige Rolle für den Erhalt der Artenvielfalt spielen, weil es Techniken und Verfahren für den Artenschutz maßgeblich weiterentwickelt“, sagt Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt vom Leibniz-IZW. Das internationale Expertenteam aus Deutschland, Italien, der Tschechischen Republik, Japan und den USA entwickelt gemeinsam Methoden und Techniken der Reproduktions- und Stammzellforschung weiter. Diese kommen erstmals zur Rettung einer bedrohten Tierart zum Einsatz.

„Das Projekt BioRescue steht exemplarisch für die exzellente und relevante Forschung der Leibniz-Gemeinschaft. Ein interdisziplinäres und internationales Forscherteam überführt seine Erkenntnisse und Methoden direkt in die Anwendung und hilft so dabei, eine wertvolle Schlüsselart wie das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben zu bewahren“, sagt Prof. Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft.

Die Lage für das Nördliche Breitmaulnashorn ist dabei besonders kritisch: Nach dem Tod des letzten Bullen, Sudan, im März 2018 verblieben lediglich zwei weibliche Tiere, Najin und Fatu. Sie leben im Schutzreservat Ol Pejeta in Kenia. Das Expertenteam verfolgt zur Rettung der Art zwei Ansätze:

  • Im ersten Forschungsansatz werden den beiden verbliebenen Nashornkühen Eizellen entnommen, um sie außerhalb des Körpers mit einem Spermium zu vereinen. Das Sperma von bereits verstorbenen Nördlichen Breitmaulnashörnern lagert bei minus 196 Grad Celsius im flüssigen Stickstoff am Leibniz-IZW. Der durch die Reagenzglas-Befruchtung gewonnene Embryo wird dann via Embryotransfer in die Gebärmutter eines Südlichen Breitmaulnashorns eingesetzt und von der Leihmutter ausgetragen. Najin und Fatu sind nicht mehr in der Lage, selbst Nachkommen auszutragen.
    Dieser Embryotransfer ist Neuland für die assistierte Reproduktion und wurde vorher noch nie durchgeführt. Daher werden die neuartigen Verfahren im Vorfeld mit dem Transfer von Südlichen Breitmaulnashorn-Embryos getestet. Wenn alles reibungslos funktioniert, sollen Embryos der nördlichen Art eingesetzt werden. Im Rahmen von BioRescue haben Prof. Thomas Hildebrandt und sein Team am 27. Mai 2019 bereits einen Meilenstein erreicht. Es gelang ihnen, erstmals einen Embryo in die Gebärmutter eines Südlichen Breitmaulnashorns zu transferieren. Aufgrund der Größe der embryonalen Struktur gehen die Wissenschaftler aber davon aus, dass der Embryo sich trotz seines erfolgreichen Wachstums nicht in der Gebärmutterschleimhaut einnisten konnte. Das Empfängertier wird demnächst noch einmal untersucht, da es sich bisher nur um eine Momentaufnahme handelt und eine abschließende Klärung notwendig ist. In naher Zukunft werden weitere Embryotransfers durchgeführt, damit das Team für den Einsatz an den Nördlichen Breitmaulnashörnern optimal vorbereitet ist.
     
  • Im zweiten Ansatz arbeitet das Leibniz-IZW-Team mit renommierten Stammzellexperten zusammen: Prof. Katsuhiko Hayashi (Kyushu University, Japan), Dr. Sebastian Diecke (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin), Dr. Micha Drukker (Helmholtz Zentrum München) Prof. Cesare Galli (AVANTEA) und Prof. Vasil Galat (Reproductive Genetics Institute, USA). Ziel ist es, Hautzellen in pluripotente Stammzellen umzuwandeln und anschließend gezielt in Vorläuferzellen der Keimbahn (primordial germ cells, PGC) reifen zu lassen. In einer Probestudie konnte das Team um Dr. Drukker bereits Hautzellen in pluripotente Zellen umwandeln, das soll in Zukunft noch verbessert werden. Im Labor von Dr. Diecke wurden die Zellen eingehend charakterisiert und in verschiedene andere Gewebearten – wie zum Beispiel Herzmuskelzellen – gereift. „Diese Voruntersuchungen sind essenziell, um in weiteren Schritten aus den pluripotenten Stammzellen Keimzellen – Spermien und Eizellen – gewinnen zu können“, sagt Dr. Diecke. Am Ende soll eine sich selbst erhaltende, genetisch gesunde Population des Nördlichen Breitmaulnashorns stehen, die in der Wildnis überleben kann. Durch die geringe Anzahl verfügbarer Eizellen und Spermien ist der Stammzellen-Ansatz wichtig, um die genetische Variabilität der Population zu erhöhen.

 

Das Projekt BioRescue versucht, zum Wohle des Artenschutzes die Grenze des medizinisch und technisch Machbaren zu verschieben. Dies wirft ethische Fragen hinsichtlich der Nutzung der neugeschaffenen Möglichkeiten auf. Diese Fragen werden im Projekt BioRescue offensiv thematisiert: Prof. Barbara De Mori leitet an der Universität Padua (Italien) das Ethics Laboratory for Veterinary Medicine, Conservation and Animal Welfare und ist im Projekt BioRescue für Forschungen zu ethischen Fragen aus den Bereichen Medizin, Technik und Gesellschaft zuständig. In diesem Zusammenhang wird das Konsortium die gesellschaftliche Diskussion aktiv vorantreiben, um Antworten auf die ethische Verantwortung von Forschenden, Regierungen und der Öffentlichkeit für den Erhalt der Biodiversität zu finden.

Als starker afrikanischer Partner spielt die kenianische Regierung bei der Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns eine zentrale Rolle. Die vorbildliche Biodiversitätspolitik der Republik Kenia ist ein Rückgrat für die Nachhaltigkeit der afrikanischen Biodiversität. Dass die kenianische Regierung – als Netzwerkpartner – dem BioRescue-Projekt eine hohe Bedeutung beimisst, zeigt sich an der Teilnahme des Botschafters von Kenia, Seine Exzellenz Joseph Magutt, an der heutigen Pressekonferenz.

Das BMBF unterstützt mit seiner Förderung von BioRescue die deutschen Netzwerkpartner. Die internationalen Konsortiumspartner werden von externen Spendern und Unterstützern aus der Wirtschaft darunter das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck sowie von der privaten Hand großzügig finanziell unterstützt. „Als führendes Unternehmen im Bereich Fertilität, sind wir uns unserer besonderen Verantwortung bewusst, und freuen uns, diesem ehrgeizigen Projekt durch das Bereitstellen innovativer Technologien die besten Erfolgschancen bieten zu können“, sagt Dr. Jan Kirsten, Head of Global Business Franchise for Fertility, Merck.

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Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)

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Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) ist eine international renommierte deutsche Forschungseinrichtung des Forschungsverbundes Berlin e.V. und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Unsere Aufgabe ist es, die evolutionären Anpassungen von Wildtieren an den globalen Wandel zu untersuchen und neue Konzepte und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität zu entwickeln. Dazu nutzen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre breite interdisziplinäre Expertise aus Biologie und Veterinärmedizin, um Grundlagen- und angewandte Forschung – von der molekularen bis zur Landschaftsebene – im engen Dialog mit der Öffentlichkeit und den Interessengruppen zu betreiben. Darüber hinaus engagieren wir uns für einzigartige und qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Wissenschaft.
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Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)

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Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) engagiert sich in der biomedizinischen Forschung mit dem Ziel, die molekularen Grundlagen von Krankheit und Gesundheit zu verstehen und die Erkenntnisse möglichst rasch in die klinische Anwendung zu bringen. Es arbeitet für eine bessere Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheiten.
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Für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sind Bildung und Forschung die Grundlagen für die Zukunft. Die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung durch das BMBF ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Wohlstands des Landes. Das BMBF fördert Bildung und Forschung, denn sie sind das Fundament, auf dem Deutschland gemeinsam die Zukunft in einer sich wandelnden Welt gestalten wird. Bildung ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches und partizipatives Leben in Wirtschaft und Gesellschaft. Bildung gibt unseren Kindern das Rüstzeug an die Hand, das sie brauchen, um die Herausforderungen einer sich wandelnden und zunehmend globalisierten Welt zu meistern. Forschung trägt dazu bei, Neues zu entdecken und das Bekannte zu verbessern. Dank exzellenter Forschung finden wir Lösungen für globale Probleme und entwickeln Strategien für nachhaltiges Wachstum. Forschung schafft bisher unbekannte Möglichkeiten in allen Lebensbereichen, und sie hält unsere Produkte und Dienstleistungen innovativ und wettbewerbsfähig.
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